Hallo lieber Bruder
Du hast mich gefragt, wie es dazu kommt, dass ich bezüglich der Entrückung meine Sichtweiße geändert habe. Und ja es stimmt, dass ich zu dem Schluss gekommen bin, dass die Entrückung sehr wahrscheinlich erst am Ende der Trübsal stattfindet und mit dem Kommen des Herrn in Herrlichkeit mehr oder weniger zusammen kommt.
Ok wie bin ich darauf gekommen? Es war sicher nichts, was sich von heute auf morgen vollzogen hat, es war eher ein Prozess. Angefangen hat alles wahrscheinlich damit, dass ich versucht habe die Entrückung vor einer 7- Jährigen Trübsal zu verteidigen. Ich habe dies mit viel Eifer gemacht, bis ich zu dem Schluss kam, dass dies nicht ehrlich gegenüber Gott, den anderen und mir selbst war. Ich versuchte eine Lehre zu verteidigen, ohne jedoch wirklich geprüft zu haben, ob dies auch wirklich der Lehre der Schrift übereinstimmt. Woher wusste ich dass ich recht hatte? Weil man es mir so in der Gemeinde gelehrt hatte? Ist die Lehre meiner Heimatgemeinde unfehlbar?
Also habe ich versucht alle Stellen der Schrift bezüglich der Entrückung und der Wiederkunft unseres Herrn zu untersuchen (ohne Kommentare, oder andere Bücher einfach nur die Bibel). Dabei ließ ich alle Optionen offen und kam zu dem sehr klaren, aber überraschenden Schluss, dass meines Erachtens die Argumente für eine Entrückung am Ende der Trübsal 10 zu 1 überwiegen. Ich werde im Folgenden ein paar Beispiele nennen:
2. Thessalonicher 2,1-4:1 Wir bitten euch aber, ihr Brüder, wegen der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm:2 Laßt euch nicht so schnell in eurem Verständnis erschüttern oder gar in Schrecken jagen, weder durch einen Geist, noch durch ein Wort, noch durch einen angeblich von uns stammenden Brief, als wäre der Tag des Christus schon da.3 Laßt euch von niemand in irgendeiner Weise verführen! Denn es muß unbedingt zuerst der Abfall kommen und der Mensch der Sünde geoffenbart werden, der Sohn des Verderbens,4 der sich widersetzt und sich über alles erhebt, was Gott oder Gegenstand der Verehrung heißt, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt als ein Gott und sich selbst für Gott ausgibt.
Hier schreibt Paulus von der “Wiederkunft unseres Herrn und unserer Vereinigung mit ihm”, also von der Entrückung. Er schreibt den Thessalonichern, die Angst haben, dass die Entrückung schon da war. Er sagt ihnen, dass sie keine Angst haben müssen, da vor der Entrückung (“denn es muss unbedingt ZUERST”) erst verschiedene Dinge passieren müssen. Und was ist das?
- 1. “der Abfall” muss kommen,
- 2. “der Mensch der Sünde muss geoffenbart werden” das ist der Antichrist.
- 3. der Antichrist setzt sich selbst in den Tempel Gottes.
Ich denke, dass dies klar ist. Wenn all das erst geschehen muss, dann kann es keine Entrückung vor der Trübsal geben.
2. Thessalonicher 1,5-7:Sie sind ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes, daß ihr des Reiches Gottes würdig geachtet werdet, für das ihr auch leidet;6 wie es denn gerecht ist vor Gott, daß er denen, die euch bedrängen, mit Bedrängnis vergilt,7 euch aber, die ihr bedrängt werdet, mit Ruhe gemeinsam mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht,8 in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung üben wird an denen, die Gott nicht anerkennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind.
- Hier sagt Paulus, dass Gott uns den Gläubigen der Gemeinde zur gleichen Zeit “mit Ruhe vergelten wird”, während er zur gleichen Zeit such mit seinen Engeln offenbaren wird und Vergeltung üben wird an den den Ungläubigem. Paulus nimmt also die Entrückung und die Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit zu einem Ereigniss zusammen.
Die Entzeitreden des Herrn in Matth 24, Markus 13, Lukas 21:
Die Jünger fragen Jesus nach den Zeichen seiner Wiederkunft, und Jesus sagt ihnen, nach was allem sie ausschau halten müssen (das heißt, dass erst einiges geschehen muss, bevor er kommt.), auch beschreibt er die Trübsal jedoch sagt nichts während seines ganzen Berichts, dass die Gläubigen (zu denen er ja spricht) vorher weggenommen werden, vielmehr sagt er ihnen wie sie sich in der Drangsal verhalten sollen oder werden. Zum Beispiel Matth 24:
V.3: Als er aber auf dem Ölberg saß, traten die Jünger allein zu ihm und sprachen: Sage uns, wann wird dies geschehen, und was wird das Zeichen deiner Wiederkunft und des Endes der Weltzeit sein?V.9: Dann wird man euch der Drangsal preisgeben und euch töten; und ihr werdet gehaßt sein von allen Heidenvölkern um meines Namens willen.V.15: Wenn ihr nun den Greuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel geredet wurde, an heiliger Stätte stehen seht (wer es liest, der achte darauf!), dann fliehe auf die Berge
V. 33: Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, daß er nahe vor der Türe ist.
Auch sehen wir hier die Dinge welche wir bei der Entrückung erwarten am Ende bei seiner Wiederkunft in Herrlichkeit: (Posaunen, Engel, Jesus in den Wolken, die Sammlung der Auserwählten, etc.)
Matth 24, 30-31:
Bald aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.30 Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden sich alle Geschlechter der Erde an die Brust schlagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.
Die Tatsache dass Gläubige durch Drangsal müssen ist nicht gegen biblische Lehre.
1. Petrus 4,17: Denn die Zeit ist da, daß das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, wie wird das Ende derer sein, die sich weigern, dem Evangelium Gottes zu glauben?
Achtet doch auf ihn, der solchen Widerspruch3 von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht müde werdet und den Mut verliert!
Hebräer 12, 3-11:4 Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde5 und habt das Trostwort vergessen, das zu euch als zu Söhnen spricht: »Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung4 des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst!56 Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.«67 Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?8 Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der sie alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht7 und keine Söhne!9 Zudem hatten wir ja unsere leiblichen Väter als Erzieher und scheuten uns vor ihnen8; sollten wir uns da nicht vielmehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben?10 Denn jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien; er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden.11 Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind.
2. Thessalonicher 1,3-7
3 Wir sind es Gott schuldig, allezeit für euch zu danken, Brüder, wie es sich auch geziemt, weil euer Glaube über die Maßen wächst und die Liebe jedes einzelnen von euch zunimmt allen gegenüber,4 so daß wir selbst uns im Hinblick auf euch rühmen in den Gemeinden Gottes wegen eures standhaften Ausharrens1 und eurer Glaubenstreue in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr zu ertragen habt.5 Sie sind ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes, daß ihr des Reiches Gottes2 würdig geachtet werdet, für das ihr auch leidet;6 wie es denn gerecht ist vor Gott, daß er denen, die euch bedrängen, mit Bedrängnis vergilt,7 euch aber, die ihr bedrängt werdet, mit Ruhe gemeinsam mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht,Johannes 16, 33:Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!
Dass Gläubige durch die Trübsal gehen, heißt nicht, dass das Gericht Gottes zu jener Zeit sie trifft.
Als das Volk Israel in Ägypten war, da wurde das Land Ägypten von schrecklichen Plagen heimgesucht, und Israel war mittendrin, wurde jedoch durch Gottes Hand bewahrt.
Gegenargumente
Du hast mir verschiedene Gegenargumente gegen meinen Standpunkt geschrieben. Ich hab darüber nachgedacht und nun ein paar Antworten:
Du hast gesagt, dass man schauen muss an wen was gesagt wurde. Und grundsätzlich stimme ich dir zu. Jedoch denke ich, dass es falsch ist zu behaupten, dass alles was vor Pfingsten gesagt wurde nur die Juden angeht. Warum? Jesus hat in den Evangelien zu seinen Jüngern gesprochen, und dies betrifft uns heute genauso wie die 12. Ansonsten wäre der Missionsbefehl, Jesu Worte über das Gebet, Nachfolge, etc. alles nur für die 12 Jünger gewesen. In der Kirchengeschichte gab es Personen die das so gesehen haben. Deshalb haben auch die Reformatoren geglaubt, dass der Missionsbefehl schon von den 12 Aposteln ausgeführt wurde und nichts mehr mit ihnen zu tun hat. Ich denke du siehst worauf ich hinaus will und warum diese Sichtweise gefährlich ist.
Man kann nicht einfach sagen, dies hat er zu seinen Jüngern (welche Juden waren) gesagt und das gilt nur für sie, aber was im nächsten Satz steht gilt auch für uns. Jesus sagt das auch im Missionsbefehl: “So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe.” Das heißt, das was er zu seinen Jüngern (vor Pfingsten) gesagt hat gilt auch für uns. (Paulus, Petrus und Jakobus wiederholen dies in der Briefen)
Ein anderes Argument war: Es wäre ungerecht wenn nur die Christen in der Endzeit durch das Gericht gehen müssen. Dazu ein paar Fragen. Denkst du wirklich, dass es für einen Christen der unter Nero den Löwen vorgeworfen wurde, der im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen verbrannte, der im KZ war oder jetzt in Nordkorea gefoltert wird weniger schlimm war, als es am Ende sein wird? Wenn die Christen in der Trübsal den Antichristen sehen, können sie sich noch eher freuen, da sie wissen, dass der Herr bald wieder da ist und dem allen ein Ende setzt. Trübsal, Verfolgung und Leid ist nichts besonderes für das Volk Gottes, dies gab es immer, nur wir hier in Europa denken, dass dies etwas ausergewöhnliches sei.
Und denke daran wie es für das Volk Israel in Ägypten war. Ägypten wurde vom Gericht Gottes heimgesucht, aber Gott hat sein Volk durch das Gericht hindurch gerettet.
Du sagst dass wenn man in der Trübsal ist, dann kann man das Ende relativ genau voraussagen und dass Gott sich sicherlich nicht in die Karten schauen lässt. Und weist du was? Jesus selbst sagt dies auch und er ermuntert sogar dazu genau darauf zu schauen wenn das Ende kommt. “Und der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Windrichtungen her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen. Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon saftig wird und Blätter treibt, so erkennt ihr, daß der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, daß er nahe vor der Türe ist.” (Matth 24, 31-33)
Ein weiteres deiner Gegenargument ist, dass die Trübsalszeit mit Gericht gleichzusetzten ist, mit Gericht über sein Volk Israel im wörtlichen Sinn. In Johannes 5,24 steht, dass der, der seinem Wort glaubt nicht ins Gericht kommt. Wenn die Gemeinde aber durch diese Zeit müsste, dann müsste sie durch das Gericht Gottes und das wäre dann ein Wiederspruch.
Zu dem Punkt Gericht. Muss man 2 Sachen wissen: Von was für einem Gericht redet Jesus in Johannes? Und was bedeutet es ins Gericht zu kommen? In der Bibel ist von sehr vielen Gerichten die Rede: die Ewige Hölle, der Preisrichterstuhl Christi, das Gericht Gottes über Sodom und Gomorra, das ganz normale Gericht eines irdischen Richters, der Tod an sich, etc. Was ich sagen will ist, das Jesus uns nicht verheißen hat, dass wir in gar keines dieser Gerichte kommen. So kann es auch einem Christen passieren, dass wir vor einem irdischen Gericht angeklagt werden.
Und in der Stelle in Johannes ist es sehr klar, dass es hier um das Gericht Gottes geht wo er Menschen in die Hölle schickt. Und dieses Gericht betrifft natürlich keinen Gläubigen. Jedoch sagt Jesus hier nicht, dass Gläubige nicht in die Trübsal kommen.
Auch muss man ganz klar sehen, dass die Schreiber des NT nicht dachten, dass es überhaupt kein Gericht mehr für Gläubige gibt. So schreibt ja auch Petrus: (1. Petrus 4,17): “Denn die Zeit ist da, daß das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns,…”
Du sagst, dass du nicht glaubst, dass der Herr Jesus seinen Leib, die Gemeinde, die bereits vollkommen ist, noch in dieses Gericht Gottes (die Trübsal) führt oder führen muss.
Ich sehe kein Problem dabei dass Christus sein Leib durch die Trübsal führt. In 2. Thessalonicher 1 steht ja auch: “…so daß wir selbst uns im Hinblick auf euch rühmen in den Gemeinden Gottes wegen eures standhaften Ausharrens und eurer Glaubenstreue in allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr zu ertragen habt. Sie sind ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes, daß ihr des Reiches Gottes würdig geachtet werdet, für das ihr auch leidet;”
Man sieht hier einerseits (nochmals) dass die Gemeinde auch durch das Gericht Gottes geht und dass es auch für den Leib Christ normal ist diese Bedrängnisse zu erleiden.
Darf ich noch eine kleine Anmerkung zu deinen Gegenargumenten machen. Diese Punkte sind alles “indirekte Argumente”. Das heißt, dass sie für sich alleine genommen nichts aussagen, sondern man nur etwas in den Text hineininterpretieren kann. Deshalb eine kleine Frage an dich. Gibt es keine Passage in der Bibel wo es klar steht, dass a) Jesus 2x wiederkommen wird und b) die Entrückung vor einer 7-Jährigen Trübsal stattfindet? Und wenn dies nirgends steht, überleg mal warum dies der Fall ist…
Ich denke, dass das fürs erst reicht, es würde noch sehr viel mehr geben. Was ich auch sehr interessant fand, dass als ich die Kirchengeschicht studierte, herausfand, dass (so viel ich wieß) keiner der Kirchenväter, (also der Menschen, welche sehr kurz nach den Aposteln lebten und manche sie selbst noch kannten) von einer Entrückung vor der Trübsal schreiben. Sie alle: Tertullian, Hippolyt von Rom, Lactantius, Papias, Justinian, Polycarp von Smyrna, usw. vertraten die Sichtweiße, dass die Entrückung mit der Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit zusammenhängt.
Auch kam die Idee dass es eine Entrückung vor einer 7-jährigen Trübsal gibt, meines Wissens nach, zum ersten Mal von einem katholischen Jesuiten “Manuel Lacunza y Diaz” (1731 – 1801). John Nelson Darby hat sein Buch gelesen und dann seine Lehre bezüglich der Trübsal und der Entrückung darauf aufgebaut.
Also das war jetzt doch etwas ausführlicher, aber ich hoffe, dass ich damit deine Frage etwas beantworten konnte. Falls du weitere Fragen, Anmerkungen oder Kritik haben solltest, dann darfst du dich gerne jederzeit an mich wenden.
Lieber Gruß
Dein Bruder im Herrn.